Abiturienten wollen gerne ins sonnige Australien, Tiefsee-Roboter Tramper hat sich für seine zweite „Work and Travel“-Tour wieder unter dem Eis entschieden.
Am 3.9.2017 um 10.48 Uhr hat der Tramper die Oberfläche des arktischen Ozeans durchbrochen und verschwindet in einem hellblauen Blasenwirbel mit 0,7 m pro Sekunde in Richtung Meeresboden in 2500 m Tiefe.
Er wurde dafür mit dem sogenannten „Launcher“ OFOS verbunden, welcher wiederum am Kabel einer Winde befestigt war. Im Vergleich zur Raumfahrt findet hier ein „Launch“ in die umgekehrte Richtung statt, die Schwerkraft wird genutzt, anstatt überwunden werden zu müssen, der „freie Fall“ wird sogar noch durch die Winde gebremst.
Genau eine Woche lang wurde der Tramper von seinen Rehabilitationsbetreuern wieder fit gemacht für seine zweite große Reise und jetzt verfolgen die Wissenschaftler konzentriert die etwa 1 Stunde dauernde Fahrt in die Tiefe an den Monitoren. Viel sieht man nicht auf den Bildern, die klarste Auskunft über den aktuellen Aufenthaltsort gibt eigentlich der Monitor der Winde, da dort neben anderen Parametern insbesondere die Länge des bisher ausgerollten Kabels sowie die Geschwindigkeit angegeben wird.
Bei 1200 m Tiefe bzw. Kabellänge wird ein Stopp eingelegt: Das Team des Tramper –Bruders VIATOR vom GEOMAR hat darum gebeten, einen Streifenlaser den realen Druckbedingungen aussetzen zu können, um für den für morgen geplanten Test des VIATORS auch an dieser sensiblen Stelle präpariert und abgesichert zu sein. Als „Raumfahrerin“ kann ich nur bewundernd staunen über diesen unglaublichen Pragmatismus, den ich hier erlebe: Da wird mal eben der Launch unterbrochen, um einen Laser an das Kabel zu binden. Dieser sinkt dann beim Wieder-Anfahren der Seilwinde in die für den morgigen Einsatz vergleichbare 1300 m Wassertiefe, als der Tramper den Meeresgrund bei insgesamt 2500 m Tiefe erreicht hat. Nach Absetzen des Trampers kam der Laser dann an der Winde wieder hoch – wurde bei einem weiteren Zwischenstopp der Winde wieder eingeholt – und seine Einsatzfähigkeit war bewiesen.
Um 12.08 Uhr wird der Tramper „ausgelöst“, nach einem Kommando aus dem Windenleitstand verlässt er die Halterung des OFOS und sinkt die letzten Meter frei zum Meeresboden ab. Leider dokumentieren keine Fotos die Ankunft am Start seines einjährigen „Work-and Travel“ Gebiets und so ist die Stimmung im Windenleitstand eine Mischung aus Freude und hoffnungsvollem Abschied, vermutlich ähnlich der von Eltern, die von ihren Kindern zwar eine kurze Whatsapp über die gute Landung in Australien erhalten, sie dann aber loslassen müssen auf ihre eigenständige Tour.
Etwas nach Westen versetzt soll Tramper nun parallel zur ersten Fahrt einmal in der Woche den Sauerstoffgehalt des Sediments messen, dann eine Woche schlafen, dann 15 m fahren, dann wieder messen. Diese Art von „Work and Travel“ wäre für die Abiturienten in Australien vielleicht nicht sonderlich attraktiv, aber für die Wissenschaft leistet Tramper damit einen unvergleichbaren Beitrag zum Verständnis bisher völlig unbekannter Prozesse und unerreichbarer Regionen.
Und so lassen wir ihn bei unserer Weiterfahrt zu unserer nächsten Station kurz nach dem Einholen des Kabels (und der Überprüfung des gelungenen Druck-Tests des Lasers) mit einem etwas sentimentalen Gefühl alleine zurück in der Dunkelheit des HAUSGARTENS und werden regelmäßig an einen leuchtend-gelben Roboter denken, der dort im Dienste der Wissenschaft „Als Anhalter durch die Tiefsee“ unterwegs ist.
Von Bord der Polarstern grüßt Martina Wilde
Koordinatorin der Helmholtz Allianz ROBEX